dem Pflastermeister Michael Zischl, dann den beyden bürgerlichen Zimmerpaliers Joseph und Mathias Fruhholz zu entdecken, daß die Menschenstimme von einem Stubenboden herkomme, der mit einer Seite an die Rudera des stehengebliebenen Hauses sich festgestellt, mit der anderen Seite aber tief abwärts im Schutt sich eingegraben hatte, und dessen Zwischenraum bis zur Seite des halb stehengebliebenen Hauses auch mit Schutt ausgefüllt war. - Man durfte nun weder von Unten, noch von Oben den Schutt wegräumen, wenn man nicht die noch lebende Person ganz ersticken wollte. Unter diesen Umständen begaben sich der Proviant-Bäckermeister Zenger, Hofbauamts-Pallier Jakob Harrer, Ministrant Sebastian Mader, der Rittmeister-Bernhardische Bediente Joseph Schock (dieser hat schon vor sechs Jahren am heil. Geist-Mühlschuß dem jungen Nepomuk Zottmayr das Leben gerettet), die Zimmerleute Caspar und Martin Ziegler, Aloys Haber, Felix Mayer, und Johann Niggl, dann der Zeughaus-Büchsenmacher Paul Günzer, so wie der General-Landes-Directions-Bothe Hainz, und der Keller-Officiant Stimpich in das halb abgerissene Zimmer des stehen gebliebenen Hauses, und räumten zwischen dem Hause und dem wie ein Dach herabhangenden Stubenboden mit wahrer Lebensgefahr den Schutt weg, bis sie an die Bodenbretter selbst kamen, wo dann die beyden Zimmer-Palier Fruhholz mit seinen Instrumenten kleine Stücke von einem Brette heraussägten. Hier erfuhr man, daß es der Lehrjung sey, der noch lebte, und Anfangs einen Finger, dann die Hand, endlich einen Arm herausstreckte. Man steckte ihm Schnupftücher zu, die mit Wasser und Essig eingefeuchtet waren, um ihn zu laben, und brachte ihn endlich nach vierstündiger rastloser, lebensgefährlicher Arbeit, ohne daß etwas an ihm Schaden gelitten hätte, ans Tageslicht. "Se. kurfürstl. Durchlaucht, welche während der Arbeit unten an den gefährlichsten Plätzen sich aufgehalten haben, giengen selbst in das halb abgerissene Zimmer im ersten Stocke Lit. A., um die Arbeiter zu ermuntern, und sahen mit sichtbarer Rührung, wie der arme Knabe den Arm aus der Ritze herauslangte."
Von der verunglückten Spiegelmacherin hatte man keinen Laut vernommen, man mußte annehmen, daß sie bereits todt sei und fand wirklich im Verlaufe der Abräumarbeiten am 29. Juli ihre Leiche fünf Fuß unter der Stelle, an der man den Knaben aufgefunden, mit dem Gesicht auf dem Tischbrette liegend. "Drei Balken, welche auf ihr lagen, mußten losgesägt werden, um zu ihr zu gelangen. Diese Balken hatten sie im Fallen dergestalt auf das Tischbrett geschlagen, daß nach dem Zeugniß des herbeigerufenen Wundarzts Braun das Gesicht selbst platt wie ein Zinnteller zerquetscht worden war." Der damalige Lehrjunge aber wurde nachmals der weltberühmte Optiker Joseph Fraunhofer, auf dessen Grabstein im alten südlichen Kirchhof zu München mit Recht die Worte stehen: Approximavit sidera, das heißt: "Er hat uns die Gestirne näher gerückt."