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München hat eben die Technik des Ausstellens auf eine Höhe gebracht, die man trotz fleißiger Benützung der Münchener Erfahrungen nirgends erreichte. Das wissen alle Kenner recht gut und München ist das Ziel ihrer Aufmerksamkeit geblieben. Sie wissen recht gut, daß es unverständig ist, unseren Ausstellungen vorzuwerfen, sie brächten nicht jedes Jahr eine Fülle von bahnbrechenden Werken. Große Kunstwerke wachsen eben nicht wie die Brombeeren und die Ernte ist nicht in jedem Herbst die gleiche. Und ebenso grundlos ist der Vorwurf, die moderne Kunst fände keine genügende Berücksichtigung. Allerdings findet keine kritiklose Zulassung tastender Versuche und tendenziöser Arbeiten statt, wie anderwärts, wo oft die Tendenz allein genügt, um eine Arbeit als modernes Kunstwerk zu begrüßen. Aber was sich als berechtigt erweist, erhält stets seinen Platz, denn die Münchener Juroren sind doch zu sehr Künstler, um nicht selbst an einem, ihnen persönlich unsympathischen Werk die künstlerischen Qualitäten zu schätzen. Daß dennoch manchmal ein Irrthum mit unterläuft - nun, dafür sind wir alle Menschen.

Doch gute Ausstellungen sind ja nur eine Bethätigung des künstlerischen Schaffens, des inneren Lebens einer Kunststadt. Ist nun hierin ein Rückgang festzustellen? Es scheint, daß man in ganz Deutschland zur Zeit nicht an einen Niedergang Münchens glaubt, sonst würde man kaum Münchener Künstler in so großer Zahl überallhin zur Erziehung der Jugend berufen, sonst würden die Münchener öffentlichen und privaten Kunstschulen nicht in fast beängstigender Weise überfüllt sein. Und selbst für Berlin, wohin keine offiziellen Berufungen erfolgt sind, weiß man auf privatem Wege Münchener zu gewinnen und ist froh um jeden, der einwandert. Auch in den unzähligen Einladungen zur Beschickung von Ausstellungen zeigt sich die Werthschätzung, Einladungen, denen von München aus nur zum geringsten Theile genügt werden kann.

Über die Bedeutung der Münchener illustrativen Künste herrscht wohl ebenfalls Einmüthigkeit. Wir sehen einen glänzenden Aufschwung. Neben den alten Ruhm der "Fliegenden Blätter" traten "Jugend" und "Simplicissimus" mit einem Stabe kräftiger und eigenartiger Talente. Sie wirkten geradezu epochemachend für Deutschland und wurden sofort überall nachgeahmt, ohne auch nur annähernd erreicht zu werden. Ebenso verdankt die Plakatkunst die vornehmsten Anregungen dem Münchener Boden.

Das Gleiche gilt für das Kunstgewerbe. Auch hier ging für Deutschland der Anstoß von München aus, auch hier berief man eine ganze Reihe von Künstlern nach auswärts, ohne daß fühlbare Lücken entstanden oder ein Niedergang zu verspüren wäre.

München ist heute noch, was es seit Cornelius war: der Vorort deutscher Kunst, von dem alle Anregungen, alle Bewegungen ausgegangen sind."

Schließlich kommt bei der Kunst auch nicht nur die rein ideale, sondern auch die materielle Seite in Betracht. Die Statistik der Verkäufe im Glaspalast während der letzten zehn Jahre zeigt auch nur eine fortwährende Steigerung:

1892 Internationale Ausstellung . . . Mk. 681,873
1893 Jahres-Ausstellung . . . . . . . . " 388,329
1894 Jahres-Ausstellung . . . . . . . . " 362,245
1895 Jahres-Ausstellung . . . . . . . . " 438,933
1896 Jahres-Ausstellung . . . . . . . . " 240,072
1897 Internationale Ausstellung . . . " 620,283

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